Entwicklung und modellhafte Erprobung patientenorientierter Kommunikationsstrategien

Bildmontage aus verschiedenen im Rahmen des Projekts entstandenen Arbeiten
Quelle: Hochschule Wismar

Projektziel ist die Erarbeitung von Lösungsstrategien zur Umstellung der Antibiotika-Gewohnheiten bei Atemwegsinfektionen in der deutschen Grundversorgung.

Der übermäßige Einsatz von Antibiotika in der ambulanten Versorgung ist eine wesentliche Mitursache für die weltweit zunehmenden Antibiotikaresistenzen. Das Projekt CHANGE-3 will mit Forschung sowie Interventionsmaßnahmen im Hinblick auf die Arzt-Patienten-Kommunikation einen Beitrag zur Senkung dieser zu hohen Verordnungszahlen leisten.

In Deutschland werden in der Humanmedizin 80 bis 90% der Antibiotika im ambulanten Bereich eingesetzt. Allein für Versicherte der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) wurden 2014 im ambulanten Bereich über 39 Millionen Antibiotikaverordnungen ausgestellt – der größte Teil davon durch Hausärzte. Der mit Abstand häufigste Grund dafür sind akute Infektionen der Atemwege (acute respiratory tract infections, ARTI). Obwohl in Fach- und auch Laienkreisen mittlerweile hinreichend bekannt ist, dass ARTI meist durch Viren verursacht werden und in der Regel selbstlimitierend sind, werden dennoch gerade bei ARTI noch immer zu häufig Antibiotika verordnet – in Deutschland in ungefähr 40 % der Fälle. Eine Erklärung für dieses Verordnen „wider besseren Wissens“ ist die vermutete patientenseitige Erwartungshaltung in Bezug auf Antibiotika, die von Ärzten regelhaft überschätzt wird.

Im Rahmen des Projektes CHANGE-3 fand eine breitangelegte Öffentlichkeitskampagne in den beiden Modellregionen Baden-Württemberg (BW) und Mecklenburg-Vorpommern (MV) statt. Übergeordnetes Ziel der geplanten Intervention sollte eine gute Interaktion und Kommunikation mit gemeinsamer Entscheidungsfindung zwischen Praxisteam und Patienten sein. Eine gelungene Be-ratung mit anschließender Therapieempfehlung (z.B. auch über eine symptomatische Behandlung) soll als gemeinsame Entscheidung über dem Wert der Ausstellung eines Rezeptes stehen. Ziele sind die Senkung der Antibiotikaverordnungen beim Behandlungsanlass „akuter Atemwegsinfekt“ (ARTI) und, sofern aufgrund medizinisch nachvollziehbarer Kriterien ein Antibiotikaeinsatz unvermeidbar erscheint, das Vermeiden von Breitspektrumantibiotika bei ARTI.

Die Bevölkerung (Versicherte, betroffene Patienten, Eltern, Familie/Angehörige) wurde über verschiedene mediale Zugänge zielgruppenadaptiert für die Überversorgungsproblematik bei Antibiotika sensibilisiert. Die Interventionsbotschaften ermutigen und befähigen Patienten (im Sinne von Patienten-Empowerment und Förderung der Health Literacy), sich besser und zielführender als bisher in den Entscheidungsfindungsprozess mit dem Arzt einzubringen. Es werden die Vorteile eines zurückhaltenden Antibiotikakonsums für den Einzelnen (im Sinne von weniger unerwünschten Arzneimittelwirkungen) als auch der enorme Nutzen für die Gemeinschaft (im Sinne von weniger Resistenzen) adressiert.

Projektpartner:

  • UM Rostock
  • AQUA Institute Göttingen
  • UK Heidelberg
  • Wismar University of Applied Sciences

Kooperationspartner:

  • AOK BW
  • AOK North-East
  • General Practitioners' Association BW
  • General Practitioners' Association MV
  • KV BW
  • KV MV
  • IMBI

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