Kunsthistorische Systembeschreibung von Modellen und Kunstwerken aus den alten Kulturen Nordafrikas

Projektkongress "Modelling Ancient Egypt" in Luxor, Ägypten, November 2019
Bildquelle: Erik Maroko, Hochschule Wismar

Ziel des Forschungsprojekts ist eine gemeinsame Systembeschreibung von Modellen und Kunstwerken aus den alten Kulturen Nordostafrikas.

Seit Juli 2018 arbeiten Ägyptologen des Roemer- und Pelizaeus-Museums in Hildesheim und des Museum August Kestner in Hannover in einem auf drei Jahre angelegten Forschungsprojekt mit Wissenschaftler*innen aus Kiel und Wismar zusammen, um der Bedeutung von Modellen in der Kultur des pharaonischen Ägypten auf die Spur zu kommen. Dabei werden ägyptologische Ansätze mit kunstwissenschaftlichen und informatorischen Methoden verbunden und die entstehenden Perspektiven in enger Abstimmung der Projektpartner weiterentwickelt. Ziel ist die Entschlüsselung der Funktion der Modelle bzw. der Sprache der Objekte.

Das Projekt geht auf die Initiative der Kunsthistorikerin Professor Dr. Susanne Deicher von der Hochschule Wismar zurück, die dafür die Förderung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung sichern konnte. Sie leitet das Verbundprojekt und koordiniert es zusammen mit der Ägyptologin Dr. Heike Wilde.

Für die beiden Museen bedeutet dies die Kooperation in einem der innovativsten Forschungsprojekte, das archäologisch-geisteswissenschaftliche und naturwissenschaftliche Perspektiven verbindet und so die vertiefte Erschließung eines wesentlichen Teils der berühmten Hildesheimer und Hannoveraner Ägyptensammlungen ermöglicht. Die Hildesheimer Projektleitung liegt bei Dr. Christian Bayer, die Hannoveraner Projektleitung bei Dr. Christian E. Loeben. Von der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, Lehrstuhl für Technologie der Informationssysteme, kommt Know-how zur konzeptuellen Modellierung (Professor Dr. Bernhard Thalheim; Dr. Helmut Brandl, Ägyptologe). Zusätzlich sind Wissenschaftler*innen der ägyptischen South Valley University und des Luxor-Museums, der Prager Karls-Universität und der Universität Zürich als externe Experten eingebunden.

Das Corpus der zu erforschenden Objekte umfasst rundplastische und flachbildliche Darstellungen der Lebensmittelproduktion, z. B. steinerne oder hölzerne Figuren von Müllerinnen, Bäckern und Brauern, die sich v. a. in Elitegräbern des Alten und Mittleren Reichs (3. bzw. 2. Jahrtausend v. Chr.) fanden. Am bekanntesten sind vielleicht die Ensembles figürlicher Modelle, die – scheinbar – einen ungekünstelten Einblick in die altägyptische Lebenswirklichkeit geben. Als Modelle werden aber auch Relief- und Skulpturstudien aus Kalkstein, Gips oder Gipsmörtel bezeichnet, die sich vor allem aus der hellenistischen Periode erhalten haben und wohl in einem ganz anderen Zusammenhang verstanden werden müssen (4.- bis 1. Jahrhundert v. Chr.). Nicht ausgehöhlte "Gefäße" aus Kalzit-Alabaster, Miniaturwerkzeuge wie beispielsweise Hacken und Dächsel aus Kupfer, nicht entrollbare Papyrusrollen aus Kalkstein oder nicht klingende Musikinstrumente aus Fayence, die wohl als Opfergaben in die Tempel gestiftet wurden, sind weitere Zeugen der altägyptischen "Modelle-Kultur". In der religiösen Vorstellungswelt der Ägypter besaßen all diese Objekte zwar keinen praktischen, diesseitigen Sinn, doch konnten sich ihre virtuellen Qualitäten auf magische, durch Rituale belebte Weise in der Sphäre der Götter und der verewigten Toten zu deren Nutzen entfalten.

KunstModell. Für eine gemeinsame Systembeschreibung von Modellen und Kunstwerken aus den alten Kulturen Nordostafrikas. Objekte aus den Sammlungen des Museum August Kestner in Hannover und des Roemer- und Pelizaeus-Museums in Hildesheim.

Ein interdisziplinäres Forschungsprojekt, gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF)


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